Mit Ausnahme des «Gewissens»
und der «Schuld», welche im
schwarzen Frack auftreten, den verschiedenen
Persönlichkeiten den
Spiegel vorhalten, beinahe tänzerisch
leicht die Erzählerrolle übernehmen
und das Stück so in die Gegenwart
tragen, sind die Darsteller
in historische Kostüme gewandet.
Gut gewählt sind auch die Spieler,
welche in den ihnen anvertrauten
Rollen durchwegs überzeugen. In
die Rolle der starken Magd, welche
mit 28 Jahren schwanger sitzengelassen
wird, das Kind noch in der
Nacht der Geburt verliert, an den
Schandpfahl gestellt wird, nach einer
Affäre mit dem Dienstherrn ein
zweites Kind zur Welt bringt, welches
in fremde Obhut kommt, ist
die Kindergärtnerin Manuela Liver
hineingewachsen. Doktor Tschudi
(Marc Oetiker), bei dessen Familie
Anna ihre letzte Stelle antritt, findet
Gefallen an der hübschen Frau,
was bei seiner Gemahlin Elsbeth
(Lea Giovanoli) Hass hervorruft:
«Si muass eifach aweg, dia Hex. Egal
wia. Und für immer!» «Dia het Hexaspeutz
doch klar im Bluat!», weiss
Rosa Becker (Monika Curschellas).
Wohl gibt es auch Leute, welche
Anna, die kein Blatt vor den Mund
nimmt, wohlgesinnt sind, so Babette
Blumer (Suela Bernhard). Dorothea
Steinmüller (Renata Cavigelli)
verwehrt Anna ihr Haus zwar
nicht, befürchtet jedoch Schlimmeres.
«Stoht denn s freia Denka
nu im Mannavolk zua, Herr Pfarrer?
» Den Part der «aufmüpfi gen»
Ursula Kubli hat Flurina Mejias
Méndez inne. Ruedi Steinmüller –
in die tragische Figur hat sich Gion
Hitz versetzt – glaubt nicht, dass es
dem Herrn Pfarrer anstehe, über
Anna zu richten. Camerarius Pfarrer
Tschudi – der schleimige Geistliche
wird durch Joos Risch gemimt
– und Richter Marty (Robert Giger)
sehen das anders. Als das Töchterlein
der Arztfamilie Nadeln spuckt,
wird Anna der Prozess gemacht. Sie
wird wegen Hexerei verurteilt und
schliesslich von Landweibel Blumer
(Reto Giovanoli) zur Hinrichtung
geführt.
Musikalisch begleiten Sidonia Caviezel
(Akkordeon und Gesang)
und Markus Sievi (Klarinette)
durch das Stück, welches von Anfang
bis Ende unter die Haut geht.